Vermögensaufbau: Warum die ersten 100.000 Euro entscheidend sind

Die ersten 100K
Charlie Munger sagt: Die ersten 100K sind eine b*tch.

 

Macht Geld glücklich? Das ist eine kontroverse Frage, auf die es unterschiedliche Antworten gibt. Unstrittig ist jedoch, dass Geld seinem Besitzer Selbstbestimmung über seine Zeit geben kann. Und das ist für US-Erfolgsautor Morgan Housel die größte Dividende überhaupt.

Auch wenn Housel mit seiner These höchstwahrscheinlich recht hat. Heute soll es nicht um die Frage gehen, ob Geld glücklich macht. Vielmehr wollen wir die ersten 100.000 Euro im Vermögensaufbau genauer unter die Lupe nehmen.

Wir werden dabei nicht nur einem berühmten Zitat von Charlie Munger auf den Zahn fühlen, sondern auch die Mathematik der ersten 100.000 Euro bemühen.

 

Die ersten 100K sind eine b*tch

Je nachdem welcher Quelle man vertraut, sagte Charlie Munger entweder in den 1990er Jahre bei einer Hauptversammlung von Berkshire Hathaway oder 1994 bei einer Ansprache der USC Business School folgende Worte, die in die Geschichte eingehen sollten: 

 

“The first $100,000 is a b*tch, but you gotta do it. I don’t care what you have to do — if it means walking everywhere and not eating anything that wasn’t purchased with a coupon, find a way to get your hands on $100,000. After that, you can ease off the gas a little bit.”

 

Sinngemäß übersetzt: „Die ersten 100.000 Dollar sind ein hartes Stück Arbeit, aber du musst sie erreichen. Es ist mir egal, was du dafür tun musst – auch wenn es bedeutet, überall hin zu laufen und nichts zu essen, was nicht mit einem Coupon vergünstigt gekauft wurde. Finde einen Weg, um 100.000 Dollar in die Hände zu bekommen. Danach kannst du ein bisschen vom Gas gehen.“

 

Hat Charlie Munger recht?

Nun gehört obiger Spruch von Charlie Munger, zu den populärsten überhaupt, wenn es um den Vermögensaufbau geht. Und das nicht nur aufgrund der gewohnt expliziten Wortwahl. Denn – so viel sei schon verraten – wie sich noch herausstellen wird, hat Munger mit seiner Aussage im Kern absolut recht. Und zwar nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch – also mathematisch und psychologisch. Wir werden das nun Stück für Stück erörtern.

 

Die ersten 100K – die Berechnungen

Treue Leserinnen und Leser wissen es längst: Zinseszinsen zu verstehen, liegt menschlichen Gehirnen ganz einfach nicht. Exponentielles Wachstum ist für uns schwer vorstellbar und überhaupt nicht intuitiv. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Denn für alles, was uns schwerfällt, haben wir Menschen Werkzeuge erfunden. Zum Beispiel einen Online-Zinses-Zins-Rechner. Und dann gibt es da natürlich auch noch die 72er Regel (siehe Link), die einem helfen kann, Zinseszinsen im Kopf zu berechnen.

Für die folgenden Beispiele bleiben wir jedoch beim vorher erwähnten Online-Zinses-Zins-Rechner. Davon gibt es viele. Ich mag diesen hier besonders gern: https://www.zinsen-berechnen.de/

Für unsere heutigen Zwecke brauchen wir den Sparrechner: https://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php

Im ersten Schritt zeige ich auf, wie man das entsprechend der österreichischen sowie der deutschen Steuer berechnet. Danach bleibe ich bei der deutschen Steuer bzw. Steuergesetzgebung (die meisten Leserinnen und Leser kommen aus Deutschland):

 

Österreich:

Wir rechnen mit (Österreich):

Anfangskapital: 0 Euro

Sparrate: 1.000 Euro pro Monat

Zinssatz: 7,0 Prozent p.a.

Endkapital: 100.000 Euro

Steuersatz: 27,5 Prozent

Steuerfreibetrag: 0 Euro

 

Dann bekommen wir bei der Dauer ein Ergebnis von 6,96 Jahren. Also ziemlich genau 7 Jahre.

Wir haben dann:

83.520,00 Euro eingezahlt

22.652,87 Euro Zinsen erhalten

6.229,54 Euro Euro Steuern (auf die Zinsen) bezahlt

 

Wir rechnen mit (Deutschland):

Anfangskapital: 0 Euro

Sparrate: 1.000 Euro pro Monat

Zinssatz: 7,0 Prozent p.a.

Endkapital: 100.000 Euro

Steuersatz: 26,375 Prozent

Steuerfreibetrag: 1.000 Euro

 

Dann bekommen wir bei der Dauer ein Ergebnis von 6,83 Jahren. Also ziemlich genau 6 Jahre und 10 Monate.

Wir haben dann:

81.960,00 Euro eingezahlt

22.153,56 Euro Zinsen erhalten

4.140,50 Euro Euro Steuern (auf die Zinsen) bezahlt

 

Die zweiten 100K

In beiden Szenarien dauert es also rund 7 Jahre, bis die ersten 100.000 Euro da sind. Doch wie lange dauert es, bis man von 100.000 Euro auf 200.000 Euro kommt? Das lässt sich beantworten:

 

Wir rechnen mit (Deutschland):

Anfangskapital: 100.000 Euro

Sparrate: 1.000 Euro pro Monat

Zinssatz: 7,0 Prozent p.a.

Endkapital: 200.000 Euro

Steuersatz: 26,375 Prozent

Steuerfreibetrag: 1000 Euro

 

Jetzt kommen wir auf eine Dauer von 5,06 Jahren. Also ziemlich genau 5 Jahre und 1 Monat.

Wir haben dann:

60.720,00 Euro eingezahlt

51.195,15 Euro Zinsen erhalten

11.963,40 Euro Euro Steuern (auf die Zinsen) bezahlt

 

Was können wir also mitnehmen? Wir haben die Zeit von 6 Jahre und 10 Monaten (82 Monate) auf 5 Jahre und 1 Monate (61 Monate) verkürzt. Das sind 25,61 Prozent weniger Zeit. Also nur noch drei Viertel der Zeit, wie bei den ersten 100K.

Doch auch bei einer anderen Ressource konnten wir sparen: Wir haben nämlich darüber hinaus “nur” noch 60.720 Euro eingezahlt. Bei den ersten 100K waren es noch 81.960 Euro. Also um 25,92 Prozent weniger als bei den ersten 100K. Das ist ebenfalls ein gutes Viertel weniger.

Für alle, die jetzt der Meinung sind, dass Geld für sich arbeiten zu lassen, unmoralisch sei. Für die zweiten 100 K hat man exakt 11.963,80 Euro Steuern bezahlt. Ziemlich genau 1.000 Euro pro Monat. Also genauso viel, wie man aus dem eigenen – bereits versteuertem Arbeitseinkommen – einbezahlt hat. Gar kein schlechtes Geschäft für Vater Staat.

 

Die dritten 100K

Schauen wir uns abschließend noch die dritten 100K (von 200 auf 300 K) an:

 

Wir rechnen mit (Deutschland):

Anfangskapital: 200.000 Euro

Sparrate: 1.000 Euro pro Monat

Zinssatz: 7,0 Prozent p.a.

Endkapital: 300.000 Euro

Steuersatz: 26,375 Prozent

Steuerfreibetrag: 1000 Euro

 

Die dritten 100 K dauern nur noch ziemlich genau 4 Jahre.

Einzahlungen: 48.360 Euro

Zinsen: 68.403,99 Euro

Steuern: 16.820,77 Euro

 

Die Zeitersparnis im Vergleich zu den zweiten 100K liegt nun bei rund 20 Prozent, da man für diese 100K ja nur noch 4 Jahre statt 5 Jahre benötigt.

Bemerkenswert: Erstmals unterschreiten die Einzahlungen (48.360 Euro) deutlich die erzielten Zinsen (68.403,99 Euro) – selbst nach Steuern. Man sieht: Ab jetzt lässt man wirklich das eigene Geld für sich arbeiten. Der Schneeball wird zur Lawine.

 

Erkenntnisse

In unseren Berechnungen liegt die Gesamtdauer, um 300.000 Euro zu erreichen bei 16 Jahren. Rechnung: 7 + 5 + 4 = 16 Jahre. Das liest sich doch eigentlich gar nicht schlecht oder? Das ist langsam genug, dass man als Geldpersönlichkeit mit seinem Vermögen mitwächst (Stichwort „Nerven bewahren, wenn es bergab geht) und schnell genug, dass das Ziel absehbar ist.

Vor allem wenn man bedenkt, dass sich die Zeit für die jeweils nächsten 100.000 immer weiter zusammenschiebt.

Was kann man daraus nun ableiten? Nun: Zum einen, dass Charlie Munger wie bereits erwähnt völlig recht hat. Auf die ersten 100K kommt es an. Hier sollte man wirklich drastische Maßnahmen bei seinen Ausgaben setzen.

Zum anderen erkennt man, wie unglaublich wichtig ein Startvorteil im Leben ist. An alle Eltern und Großeltern da draußen: Legt so früh wie möglich Geld für eure Kinder und Enkel an. Und drückt ihnen das Geld bitte nicht in die Hand, um es zu verprassen. Sondern als Grundlage für deren erste 100K.

 

Warum habe ich mit 1.000 Euro gerechnet?

Natürlich habe ich bei den Berechnungen gewisse Annahmen gemacht. Zum einen habe ich mit 7,0 Prozent Rendite gerechnet. Dass dies durchaus gerechtfertigt ist, habe ich in diesem Beitrag ausführlich erläutert. Wichtig in diesem Zusammenhang. Es handelt sich um die Nominalrendite. Die Inflation haben wir also außen vor gelassen. Dafür haben wir aber die Steuer voll berücksichtigt.

Der zweite Elefant im Raum betrifft die hohe Sparrate von 1.000 Euro. Diese habe ich bewusst gewählt, weil ich den Worten von Charlie Munger gerecht werden wollte. Man kann natürlich auch mit kleineren Beträgen rechnen. Zum Beispiel mit 500 Euro im Monat. Dann dauert es 11 Jahre und 9 Monate, um die ersten 100K zu erreichen. Bei 300 Euro sind es 16 Jahre und 8 Monate.

 

Ein Spartipp

Wie viel man sparen kann, ist extrem individuell. Für die einen sind 1.000 Euro wenig, für die anderen sind 300 Euro viel. Um den Kreis zum Eingangsstatement von Morgan Housel zu schließen, hier noch ein Tipp von ebendiesem, wie man seine Sparrate erhöhen kann:

 

“Savings can be created by spending less. You can spend less if you desire less. And you will desire less if you care less about what others think of you.”

 

Frei übersetzt: „Einsparungen können erzielt werden, indem man weniger ausgibt. Du kannst weniger ausgeben, wenn du weniger begehrst. Und du wirst weniger begehren, wenn du dich weniger darum kümmerst, was andere von dir denken.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Außer: Viel Erfolg bei den ersten 100K!

 

Quellen: https://medium.datadriveninvestor.com/why-making-your-first-100k-will-change-your-life-insights-from-charlie-munger-a126ec5dcb2c

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Sehr guter Beitrag!

    Kann ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Ab den ersten 100k geht es richtig voran 📈🔥

    Liebe Grüße aus Chiang Mai,
    DerFinanznomade

  2. Hallo Michael,

    schöner Artikel! Wie du schreibst, den nichtlinearen Effekt des Zinseszinses hat man als Mensch einfach nicht im Gefühl.

    Ergänzen möchte ich noch einen Punkt, warum die ersten 100.000 die schwersten sind. In den ersten Jahren muss man sich erst mal umgewöhnen. vom bisherigen Standard „ich habe Geld und kann mir etwas leisten“ hin zum neuen Standard „Investieren kommt vor Konsumieren“.
    Irgendwann sitzt das dann, und auch dadurch werden die zweiten, dritten, … 100.000 leichter.

    Und die letzte Anmerkung zum abschließenden Spruch vom Sparen: Das ist natürlich enorm wichtig, und die meisten kennen Beispiele aus ihrem Bekanntenkreis, die trotz üppigem Gehalt nie Geld übrig haben.
    Dennoch: Sparen ist begrenzt, ähnlich wie beim Shorten – mehr als 100% sind nicht drin, und auch die sind eigentlich unmöglich.
    Sprich, der Hebel des Sparens ist begrenzt, vor allem für Leute, die von Haus aus bereits sparsam leben. Der Hebel des Vergrößerns der eigenen Einkommensströme ist zugegebenermaßen deutlich schwieriger, hat dafür aber keine so nahe Begrenzung – vor allem, wenn der Schneeball erst mal so richtig ins Rollen gekommen ist (um den Bogen zu deinem Artikel wieder zu schließen).

    Schöne Feiertage!
    Walter

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