Wie man sich vor Verkäufern schützt: Die Psychologie des Überzeugens

Mr. Burns
Nicht immer haben Verkäufe gute Absichten

 

Heute ist Black Friday. Egal ober online oder offline: Überall strotzt es nur so vor Sonderangeboten. Der perfekte Zeitpunkt für ein Schnäppchen? Kann sein, muss es aber nicht. Was jedoch sicher ist: Es ist Zeit über Konsum an sich nachzudenken. Und wie man sich am besten vor Verkäufern und deren Tricks schützen kann.

Das Jahr schreitet unaufhaltsam voran. Die Vorweihnachtszeit hat längst begonnen. Und nun steht auch noch der Black Friday vor der Tür. Ein Tag, den man vor allem für eines nutzen sollte. Seine Konsumgewohnheiten zu hinterfragen.

Exakt 89 Sachbücher habe ich dieses Jahr bis dato gelesen oder gehört. Die 100 sollten sich also auch im Jahr 2021 wieder ausgehen. Mein Lieblingsbuch in 2021? Neben der 1. Prozent Methode (James Clear) war es – Stand heute – ein absoluter Klassiker, den ich versuche jedes Jahr zumindest einmal zu lesen.

 

Wie Verkäufer uns manipulieren

Es handelt sich dabei um Die Psychologie des Überzeugens: Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen von Robert B. Cialdini. Zum Black Friday passt dieses Buch wie die berühmte Faust aufs Auge. Warum? Das werden wir uns jetzt ansehen.

Im Grunde geht es in diesem Meisterwerk darum, wie Verkäufer einen dazu bringen Kaufentscheidungen zu treffen. Dabei wird der Blick extrem tief in die psychologische Trickkiste geworfen. 

Es offenbart sich, dass geschickte Verkäufer es mitunter schaffen, dass ihre Kunden gegen die eigenen Interesse handeln und damit auch noch glücklich und zufrieden sind. Ich denke, dass sich der Konsum-Hype am Black Friday kaum besser zusammenfassen lässt. Ein Schnäppchen ist doch eine gut Sache, oder? Oder???

 

Black Friday
Am meisten lässt sich am Black Friday durch Konsumverzicht sparen

 

Konsum vs. Investition

Eines vorab: Ich weiß – ein wenig widersprüchlich mutet es schon an, dass ich am Black Friday zwar einerseits den Shopping-Wahn anprangere aber andererseits eine Buch-Empfehlung ausspreche. Vor allem, da das Buch auch noch hochpreisig ist und es sich gewiss nicht jeder leisten wird können.

Zu meiner Verteidigung möchte ich aber drei Argumente hervorbringen. Erstens sind Bücher dank der Buchpreisbindung von der Schnäppchenjagd ausgeschlossen. Zweitens, gehören Sachbücher ohnehin in die Kategorie “Investitionen” und nicht in “Konsum”. Und drittens bin ich fest davon überzeugt, dass man durch die Erkenntnisse, die man aus diesem Buch gewinnen kann, im Laufe der Zeit Geldsummen einsparen kann, die ein Vielfaches der Ursprungs-Investition darstellen. Hier ist also wirklich eine Mega-Rendite möglich, wenn auch indirekt.

Doch schauen wir uns nun an, warum das Buch eigentlich so gut und zurecht ein Bestseller ist.

 

Die sechs Hauptkonzepte

Der Autor teilt Die Psychologie des Überzeugens in insgesamt sechs verschiedene Bereiche ein, die später als eigene Kapitel dienen. Diese beschreiben in Schlagwörtern, welche Tricks Verkäufe nutzen, um potenzielle Kunden zum Kaufen zu bewegen.

Diese sechs Punkte lauten:

 

  • Reziprozität
  • Konsistenz
  • Soziale Bewährtheit
  • Sympathie
  • Autorität
  • Knappheit

 

Was ist Reziprozität?

Wenn man in einfachen Worten beschreiben will, worum es sich bei Reziprozität handelt, könnte man folgendes schreiben:

 

Es geht darum, dass Menschen darum bemüht sind, zurückzugeben, was wir bekommen haben.

 

Klassische Beispiele hierfür können Einladungen zu Parties oder Geschenke zu diversen Anlässen sein. Wer kennt es nicht – das Gefühl verpflichtet zu sein? Verpflichtet, sich zu revanchieren.

Der Effekt der Reziprozität wirkt nicht nur unmittelbar, sondern auch in die Zukunft. Gerade große Gesten, wirken oft sehr lange nach.

 

Espresso
Photo by Matt Hoffman on Unsplash – Wenn der Gratis-Espresso zum Kellner-Trick wird…

 

Ein Beispiel aus der Praxis: Im Restaurant bringen Kellner beim Bezahlen oftmals auch noch eine kleine Aufmerksamkeit (das kann eine Süßigkeit sein, ein Espresso oder etwas Hochprozentiges). Warum? Nicht nur aus Nächstenliebe, sondern auch um ihr Trinkgeld zu erhöhen. Ein Konzept, das sich bewährt hat. Zumindest für den Kellner.

Durch die Aufmerksamkeit fühlt man sich als Gast nämlich verpflichtet, ein wenig großzügiger zu sein. Und so wird aus einem Espresso, den man gar nicht haben wollte (sonst hätte man ihn ja bestellt) ein um mehrere Euro besseres Trinkgeld.

Reziprozität gilt übrigens nicht nur für Geschenke, sondern auch für Zugeständnisse. Dazu ein Beispiel direkt aus dem Buch: Gialdini wurde von einem Pfadfinder gefragt Eintrittskarten für ein Pfadfinderfest zu kaufen – für 5 Dollar das Stück. Daran hatte Gialdini jedoch keinerlei Interesse. Für den Pfadfinder kein Problem. Dieser bot im Nachgang einfach an, ob man die Pfadfinder wenigstens durch den Erwerb von Schokoriegeln unterstützen wollen würde. Hier knickte der Autor des Buches ein, nur um sich kurze Zeit später bewusst zu machen, dass er Schokoriegel eigentlich gar nicht mag.

Es geht natürlich auch aktueller: In unserer modernen, digitalen Welt sind gute Beispiele, die auf spätere Reziprozität abzielen, alle Arten von “Gratis-Proben”. Kostenlose E-Books, kostenlose Test-Abos etc.

 

Die Wunderwirkung der Konsistenz

Neben der Reziprozität, die wohl den wirkungsvollsten Effekt hat, gibt es noch fünf weitere Kernpunkte in der Psychologie des Überzeugens. Exemplarisch sei hier die Konsistenz genannt.

Besonders interessant: Hier schließt sich der Kreis Richtung Die 1 Prozent Methode. Warum? In dem Moment, wo gewisse Verhaltensweise Teil unserer Persönlichkeit werden (beispielsweise “ich bin Sportler”), wollen wir entsprechend konsistent handeln. Zum Beispiel: Ich rauche nicht weil ich ein Sportler bin. Ich esse kein Fast Food weil ich kein Sportler bin. Diese Liste kann man für die unterschiedlichen Identitäten natürlich endlos fortsetzen. Das Konzept ist jedenfalls klar.

Wer sich mit einer bestimmten Handlungsweise oder einem bestimmten Produkt (bzw. wofür es steht -> siehe Apple bzw. iPhone) ausreichend identifiziert, wird zu einem treuen Käufer. Unabhängig davon, ob man die objektiv beste Kaufentscheidung trifft.

 

Knappheit

Widmen wir uns abschließend noch dem Prinzip der Knappheit. Dieses kann extrem starke Effekte haben. Denn Knappheit wandelt unsere Wahrnehmung beim Kaufen von “will ich nutzen” in “will ich besitzen”. Dass dies irrational ist, muss nicht extra betont werden.

Ein aktuelles Beispiel gefällig? Seit einigen Jahren zeigt Amazon bei diversen Produkten an, wie viele noch auf Lager sind. Je kleiner die angegebene Zahl ist, desto eher neigen wir dazu eine schnelle Kaufempfehlung zu treffen. Man darf bezweifeln, dass Amazon diese Funktion als bloßen Service am Kunden eingeführt hat…

 

Knappheit bei Amazon
Amazon macht sich den Effekt der Knappheit zu Nutze

Warum lassen wir uns eigentlich täuschen?

Dass wir Menschen im Grunde genommen auf zwei Arten denken, wissen wir nicht zuletzt, dank des Meisterwerks Schnelles Denken, langsames Denken von Nobelpreisträger Daniel Kahneman.

Cialdini vergleicht unsere automatischen Handlungsabläufe mit dem Verhalten von Truthennen. Und das nicht ohne Grund. Diese bemuttern nämlich ihre eigenen Nachkommen nicht etwa weil diese aussehen, wie sie aussehen. 

Sondern vielmehr wegen eines Geräusches, das sie von sich geben. Cheep-Cheep lautet (im übertragenen Sinne) das Zauberwort. Wer dieses von sich gibt, wird bemuttert. Das gilt selbst für (ausgestopfte) Stinktiere – die natürlichen Feinde von Truthennen. Das belegen diverse Experimente.

Und hier schließt sich der Kreis zum Menschen. Werden die richtigen Knöpfe gedrückt, treffen wir (Kauf-)Entscheidungen gegen unser eigenes Interesse. In diesem Sinne: Viel Spass bei der Lektüre von Die Psychologie des Überzeugens. Aber bitte aus Prinzip nicht am heutigen Black Friday kaufen. Sondern lieber in der Bücherei des Vertrauens leihen oder sich zum Geburtstag schenken lassen. 

Weihnachten wäre ebenfalls eine Alternative. Jedoch eine, die dieselben Tücken aufweist wie der Black Friday.

 

Ein letzter Tipp

In der Einleitung habe ich geschrieben, dass der Black Friday durchaus für Schnäppchen gut sein kann. Und zwar dann, wenn man ihn nutzt um sogenannte Needs zu befriedigen aber gleichzeitig auf Wants zu verzichten. 

Verwirrt? Dann einfach hier nachlesen, wo ich den Unterschied zwischen Bedürfnissen und Wünschen umfangreich erklärt habe. Einen Jahresvorrat Waschmittel oder Geschirrspültabs zu kaufen, muss also nicht zwingend ein Fehler sein. Auch nicht am Black Friday.

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