Ist Glücksspiel wirklich dumm?

Dummer Esel

Die Chancen auf einen Lotto-Gewinn stehen sehr schlecht. Dennoch muss man kein dummer Esel sein, wenn man mitmacht. 

In den USA wurde bei der Powerball-Lotterie Anfang April ein Jackpot in Höhe von über einer Milliarde US-Dollar ausgespielt. Eine gigantische Summe, die auch viele Nicht-Zocker dazu verführt, mitzumachen. Da drängt sich die Frage auf, wer beim US-Lotto eigentlich mitmacht? Eine statistische Auswertung über die Teilnehmer lässt dabei tief blicken. Oder etwa doch nicht?

  

Machen wir es kurz. Wie der Economist herausgefunden hat, geben die Bewohner der Top 1 Prozent ärmsten Postleitzahlen 600 US-Dollar pro Jahr für Lotterie-Tickets aus. Das ist das Vierfache jener 150 US-Dollar, welche pro Jahr im Top 1 Prozent der reichsten Postleitzahlen ausgegeben werden. Wenn man die Zahlen relativ zum Einkommen betrachtet, wird die Situation sogar noch viel krasser.

600 US-Dollar entsprechen ziemlich genau 5 Prozent der rund 12.000 US-Dollar, welchem dem ärmsten Prozent der Amerikaner an Einkommen pro Jahr zur Verfügung stehen. Das reichste Prozent gibt nur 0,15 Prozent seines jährlichen Einkommens aus. Dieses liegt – richtig gerechnet – bei rund 100.000 US-Dollar. Relativ betrachtet, geben die Ärmsten also 33,3 mal so viel für Lotterielose aus, wie die Reichen.

 

Kann man sich die Lotterie sparen?

Eine schnelle Rechnung zeigt. Wer 600 US-Dollar pro Jahr für die Lotterie ausgibt, kommt auf genau 50 US-Dollar im Monat. Wechseln wir nun zurück zu den klassischen Empfehlungen für den guten Umgang mit Geld. Beginnen wir beim Anlagehorizont.

Typischerweise reden wir hier von Jahrzehnten. Setzen wir einfach 30 Jahre an. 600 US-Dollar mal 30 Jahre macht genau 18.000 US-Dollar. Oder anders gesagt. Wer sein Geld 30 Jahre lang NICHT für die Lotterie ausgibt (sondern unter dem Kopfpolster spart), kann danach ebenso lang – also 30 Jahre – 50 Dollar pro Monat zusätzlich ausgeben. Eigentlich sogar 100 Dollar, wenn man rechnet, dass man ab sofort kein Geld mehr weglegt. Kein besonders guter Deal, wenn man die Inflation berücksichtigt. Legen wir es schlauer an.

 

Rechnen wir also damit, dass man das Geld 30 Jahre lang „vernünftig“ anlegt und damit 4 Prozent real (also nach Inflation) lukriert.

 

Dann landet man bei immerhin rund 35.000 US-Dollar, einer knappen Verdoppelung. Legt man diese 35.000 US-Dollar dann zu 4 Prozent pro Jahr an, erhält man 1.400 US-Dollar pro Jahr bzw. 116,67 US-Dollar pro Monat. Vergleicht man diese 1.400 US-Dollar pro Jahr nun mit den 12.000 US-Dollar an Einkommen ergibt sich daraus ein Zuwachs von 11,67 Prozent. Rechnet man die 50 Dollar pro Monat dazu, die man jetzt nicht mehr anlegt, sind es 2.000 US-Dollar (1.400 US-Dollar plus 600 US-Dollar) bzw. 16,67 Prozent. Das ist in beiden Fällen ein schönes Plus. Aber – so ehrlich muss man sein – kein lebensverändernder Zuwachs.

 

Ein Lotterie-Sieg ist lebensverändernd

Was aber durchaus lebensverändernd ist: ein Sieg in der Lotterie! Klar, die meisten Lotterie-Sieger sind ihr Geld relativ schnell wieder los. Und die Chance zu gewinnen, ist beinahe null. Aber sie ist eben nicht exakt Null, wie sie das bei der oben gezeigten Milchmädchenrechnung wäre.

 Wie man sieht, kommt es auf die Perspektive an. Für jemanden, der zumindest einigermaßen wohlhabend ist, mag die regelmäßige Teilnahme an der Lotterie eine dumme finanzielle Entscheidung sein.

 

Für jemanden, der das Glücksspiel als einzige Chance auf einen sozialen Aufstieg sieht, ist das aber nicht unbedingt der Fall.

 

In Österreich sagt man zu Lotteinsätzen Deppensteuer“. Das liegt daran, dass nur rund die Hälfte des eingezahlten Betrags wieder ausgezahlt wird. In den USA dürfte das wohl ähnlich sein. Wie der Economist hochgerechnet hat, wäre ein hypothetisches Einzelunternehmen, das sich aus allen Lotteriegesellschaft der Bundesstaaten zusammensetzt, das 9-profitabelste in den ganzen USA.

Die Moral von der Geschichte

Ich persönlich halte Glücksspiel – wie jedes Spiel mit negativem Erwartungswert – für eine schlechte finanzielle Entscheidung. Ich würde es niemanden empfehlen. Das bedeutet aber nicht, dass die Motive, die dahinter stecken, dass besonders weniger wohlhabende Menschen hier verhältnismäßig viel Geld “investieren”, völlig irrational wären.

 

Geldsache ist immer Ansichtssache. Und manchmal tut man gut daran, einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Jener von oben herab, ist nur allzu oft schlecht gewählt.

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