Endlich Bärenmarkt: Die positiven Seiten von 20 Prozent Minus

Bärenmarkt
Der Bärenmarkt ist nicht so schlimm wie sein Ruf.

 

Fällt ein Aktien-Index um mindestens ein Fünftel von seinem Hoch, befindet sich dieser “offiziell” in einem Bärenmarkt. So richtig Spass macht das natürlich nicht. Aber es ist auch kein Grund zur Panik. Dafür sprechen gleich zwei Gründe.

Beide klingen zunächst nach Zweckoptimismus oder Schönrederei. Doch das sind sie nicht, wie wir noch feststellen werden. Kommen wir zum Punkt. Erstens, in der Regel dauern Bärenmärkte nicht allzulange. Und zweitens, entfaltet sich gerade in Bärenmärkten die Schönheit der gelebten Mathematikpraxis. Nämlich jene der Prozentrechnung.

 

Puff: Ein Fünftel der Investments scheint verschwunden

Machen wir eine Bestandsaufnahme. In den letzten drei Monaten ist der US-Aktienmarkt (in Form des S&P 500 Aktienindex) um rund 20 Prozent gefallen. Wer nun weltweit diversifiziert anlegt (und deshalb in seinem Portfolio US-Aktien stark gewichtet hat) – wie ich es tue – der hat vermutlich das Folgende bemerkt. Zumindest wenn er (wie ich) regelmäßig seine Investments überwacht.

 

Ungefähr ein Fünftel des Börsenwerts ist zuletzt in Rauch aufgegangen (auch wenn für uns in der Eurozone der zuletzt starke US-Dollar dämpfend gewirkt hat).

 

Wie eingangs erwähnt, nennt man einen 20-prozentigen Kursrückgang einen “Bärenmarkt”. Das kann man sich übrigens mit folgender Eselsbrücke merken: Bären schlagen mit ihren Tatzen von oben nach unten, wohingegen Bullen mit den Hörner von unten nach oben angreifen und deshalb für steigende Märkte stehen.

 

Das kurze Leben von Bärenmärkten

Besonders lange halten Bärenmärkte in aller Regel nicht an. Meistens vergehen gut neun Monate (zumindest im S&P 500) vom Hoch zum Tief. Viele Bärenmärkte gab es in den letzten zehn Jahren nicht gerade. Der letzte? Der 2020er-Covid-Crash. Und der dauerte gerade einmal einen Monat.

Doch auch wenn man weiter zurückschaut, findet man nicht gerade sehr viele Bärenmärkte. Seit dem Jahrtausendwechsel gab es die folgenden fünf (bzw. sechs, wenn man den aktuellen hinzurechnet).

 

März 200 bis September 2001: Die Dotcom-Blase platzt. Maximaler Kursrückgang: 36 Prozent, Dauer: 18 Monate.

Januar bis Oktober 2002: Dotcom-Nachwehen plus US-Immobilienkrise. Maximaler Kursrückgang: 34 Prozent. Dauer: 9 Monate.

Oktober 2007 bis November 2008: Finanzkrise: Maximaler Kursrückgang: 52 Prozent. Dauer: 14 Monate.

Januar bis März 2009: Noch einmal Finanzkrise: Maximaler Kursrückgang: 28 Prozent. Dauer: 2 Monate.

Februar bis März 2020: Covid-Crash. Maximaler Kursrückgang: 34 Prozent. Dauer: 1 Monat.

April 2022 bis ?: Aktueller Bärenmarkt. Maximaler Kursrückgang bisher rund 20 Prozent. Dauer: noch nicht bekannt.

 

Sämtliche Daten beziehen sich auf den S&P 500 und dessen Preis in US-Dollar.

 

Ein Fünftel weniger, bringt ein Viertel mehr

Wir wissen jetzt also, was einen Bärenmarkt ausmacht. Wir wissen auch, dass er selten aber regelmäßig vorkommt. Und dennoch: Minus 20 Prozent auf die Aktienkurse im S&P 500 sind psychologisch nicht einfach zu verkraften. 

Deshalb lautet mein Tipp die Sachlage folgendermaßen zu betrachten: Ab jetzt bekommt man an der Börse satte 25 Prozent mehr für sein Geld. Gerade in Zeiten der aktuell hohen Inflation ist das doch eine umso schönere Sache.

 

Moment mal? War nicht gerade die Rede von minus 20 Prozent? Warum bekomme ich dann 25 Prozent mehr?

 

Das ist schnell erklärt, es liegt an der Magie der Prozentrechnung. Dazu ein Beispiel: Wenn ein Preis von 100 auf 80 Euro fällt, hat er genau ein Fünftel (20 Prozent von 100) verloren. Damit er jedoch wieder auf 100 Euro zurücksteigen kann, muss er prozentuell gesehen stärker zulegen als er zuvor gefallen ist. Zwar geht es in absoluten Zahlen um ein Plus von 20 Euro. Diese muss man jetzt aber ins Verhältnis zum aktuellen Wert (also den 80 Euro) setzen. Und 20 Euro sind genau ein Viertel (25 Prozent) von 80 Euro.

 

Im Kontext von Aktienkäufen bedeutet das: Für insgesamt 400 Euro Investitionssumme bekomme ich – bei einem Preis von 100 Euro je Aktie – genau 4 Aktien. Nun fällt der Kurs um 20 Prozent auf 80 Euro je Aktie. Das bedeutet, dass ich für 400 Euro jetzt plötzlich 5 Aktien (400 geteilt durch 80). Also um ein Viertel mehr als vorher.

 

Das bedeutet im Übrigen auch: Bei einem Kurseinbruch von 50 Prozent bekommt man 100 Prozent mehr für jeden einbezahlten Euro (bzw. Dollar).

 

Im Ernst: Keep calm

Dieser kurze Beitrag sollte eines zeigen: Bärenmärkte kommen immer wieder mal vor. Je länger man dabei ist, desto mehr gewöhnt man sich daran. Sie gehen erfahrungsgemäß relativ schnell vorbei.

Wenn man die finanzielle Möglichkeit hat, dann kann man diese Krise als Chance betrachten und zusätzliches Geld in den Sparplan fließen lassen. Das wird sich langfristig auf jeden Fall lohnen.

 

Nur eines sollte man vermeiden: Verkaufen oder den Sparplan unterbrechen.

 

Schließen wir mit den eingangs erwähnten Begriffen des Zweckoptimismus bzw. der Schönrederei. Ich denke beides können wir mit einem Blick auf die langfristige Entwicklung des S&P 500 widerlegen.

Investieren ist ein Marathon und kein Sprint. Das haben wir auch an dieser Stelle festgestellt. Ein Bild wie dieses zeigt wieso Durchaltevermögen gefragt ist. Und schließlich belohnt wird.

 

S&P 500 (30 Jahre)
Der Blick auf die langfristige Entwicklung zeigt: Die RIchtung im S&P 500 stimmt!

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