Dieser Schein muss sein: Der 100er als Kostenbremse

100er-Trick
Wer einen 100-Euro-Schein dabei hat kann bares Geld sparen

 

Gerade in Zeiten hoher Inflation suchen viele Menschen händeringend nach praktischen Möglichkeiten im Alltag Geld zu sparen. Eine mögliche, wenn auch auf den ersten Blick paradoxe Lösung: Große Geldscheine. Die sind nämlich die Grundlage für einen lohnenden Psychotrick. 

Kommen wir gleich zu den guten Nachrichten: Die Grundvoraussetzungen für die praktische Umsetzung des 100-Euroschein-Tricks sind im deutschsprachigen Raum durchaus gegeben. Oder besser gesagt “noch gegeben”. Ja, die Bargeldzahlung in unseren Breiten bei Privatpersonen weiterhin dominierend. Rund zwei Drittel aller Geschäfte werden in Cash abgewickelt. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich wird weiterhin am liebsten mit Bargeld bezahlt. Aber: Die Tendenz ist jedoch – nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie und dem sich beschleunigenden Trend hin zum kontaktlosen Bezahlen – klar fallend.

Und auch eine zweite Voraussetzung für den 100er-Trick wäre grundsätzlich gegeben. So hat Zahlungsanbieter Klarna in einer Umfrage herausgefunden, dass Österreicher im Jahr 2021 im Schnitt 86,50 Euro in Bar dabei hatten. 2020 sind es jedoch noch 120,35 Euro gewesen. In Deutschland ist die Tendenz ähnlich. Bei den Euro-Beträgen liegen sie bei 74,80 Euro (2021) nach zuvor 89,22 Euro (2020).

Doch was hat es nun mit diesem “Trick” auf sich? Keine Angst, die Antwort folgt genau jetzt.

 

Mentale Buchführung

So hat die US-amerikanische Psychologin Dr. Mary Gresham in einem CNBC-Interview mit einem ganz besonderen Spartipp aufhorchen lassen. Dieser lautet: Immer einen 100er im Geldbeutel mit sich zu führen. Das soll nämlich beim Sparen helfen. Oder besser gesagt beim gar nicht erst ausgeben. Klingt komisch, ist aber wirklich so. Und wir schauen uns jetzt natürlich an, warum.

 

Dr. Mary Gresham
Dr. Mary Gresham (@ Twitter)

 

Die vereinfachte Begründung gleich vorab: Wir überlegen uns jede Ausgabe zweimal, wenn wir sie mit einem großen Geldschein begleichen müssen bzw. müssten. Warum? Wie die Psychologin erklärt, sind solche Scheine für jeden von uns etwas Besonders, sie spricht von “special money”.

Dass wir Menschen in finanziellen Angelegenheiten tatsächlich nicht immer rational handeln, ist nicht neu, sondern seit Jahrzehnten bestens belegt. Wer es ganz genau wissen möchte, greift am besten zum Meisterwerk von Nobelpreisträger Daniel Kahneman. Sein Buch Schnelles Denken, langsames Denken listet gleich eine ganze Reihe von Denkfehlern auf.

 

Ein Experiment mit paradoxem Ergebnis

Doch kommen wir zurück zu Dr. Mary Gresham und dem von ihr genannten Denkfehler. Konkret verweist sie auf die mentale Buchführung. Ein Modell, das an der Irrationalität der Menschen im Umgang mit Geld ansetzt. “Wir behandeln Geld ganz unterschiedlich, ganz abhängig davon, wie wir es kategorisieren”, führt sie zusammenfassend aus. Alles klar? Vermutlich nicht. Die Formulierung klingt auch viel zu abstrakt für einen schnellen Aha-Moment. 

Werden wir also konkret, dazu ein Beispiel:

Wirtschaftswissenschaftler und Verhaltensökonom Richard Thaler (Autor der beiden großartigen Bücher Nudge und Misbehaving) hat Testpersonen in einem aufsehenerregenden Experiment zwei Szenarien vorgestellt:

 

  1. Stellen Sie sich vor, sie gehen ins Theater. Sie wollen das Ticket bei der Abendkasse abholen und müssen es noch bezahlen. Es kostet 10 Euro. Plötzlich stellen sie fest, dass ihnen ganz offensichtlich ein 10-Euro Schein aus dem Geldbeutel gefallen sein muss. Er ist nämlich nicht mehr da und sie sind sich ganz sicher, dass er beim Weggehen noch da war. Sie haben nun jedoch die Möglichkeit das Ticket bargeldlos zu bezahlen und trotzdem ins Theater zu gehen. Würden Sie es tun? Wenn Sie so ticken, wie die meisten Menschen, dann würden sie. Ganze 88 Prozent beantworteten die Frage mit ja.

 

  1. Stellen Sie sich nun vor, Sie gehen wieder ins Theater. Sie haben das Ticket für 10 Euro aber schon vorab gekauft. Beim Eintreten stellen Sie jedoch fest, dass Sie das Ticket zu Hause liegen gelassen haben. Sie müssten bei der Abendkasse also noch ein Ticket für 10 Dollar kaufen, um das Theaterstück sehen zu können. Würden Sie das tun? Vermutlich nicht. Die Bereitschaft ein zweites Ticket zu kaufen lag bei nur 44 Prozent.

 

Wo kommt dieser extreme Unterschied her? Die Antwortet lautet: Mentale Buchführung, also einem Denkfehler. An objektiven Gründen kann es ja kaum liegen. Denn wenn wir es gänzlich nüchtern betrachten, dann sind 20 Euro doch 20 Euro. In beiden Fällen hat man die Wahl zwischen “20 Euro ärmer – aber das Theaterstück sehen können” oder “10 Euro ärmer – und das Theaterstück nicht sehen können”. 

 

Mentale Buchführung
Die Folgen Mentaler Buchführung

 

Warum entscheiden sich aber doppelt so viele Personen in Szenario 1 für den Kauf der Karte als in Szenario 2? Die Antwort: Mentale Buchführung. Wir weisen bestimmten Geldsummen nun einmal gewisse Funktionen zu. Und genau hier schließt sich der Kreis Richtung der Grundaussage von Dr. Gresham und dem ominösen 100er Schein. Dem wir uns jetzt noch detaillierter widmen wollen.

 

Der besondere Geldschein

So führt Gresham gegenüber CNBC aus: “Viele kleine Scheine verbinden wir eher mit Kleingeld, große Scheine hingegen mit Spezialgeld (special money)”. Dass dies nicht einfach so dahingesagt ist, belegt auch eine Studie, die von The Journal of Consumer Research veröffentlicht wurde. So werden fünf 20er (in diesem Fall Dollar) eher ausgegeben als ein einzelner 100er.

In derselben Studie wurde übrigens festgestellt, dass dieses Phänomen auch im Kleinen auftritt. So wurden vier Vierteldollar-Münzen schneller ausgegeben als ein 1-Dollar-Schein.

 

Cash ausgeben tut weh, und das ist auch gut so

Ich habe bereits vor einiger Zeit in einem Beitrag detailliert darüber aufgeklärt, warum Bargeld dabei hilft, weniger Geld auszugeben. Um es auf den Punkt zu bringen: Das Ausgeben von Bargeld aktiviert das Schmerzzentrum im menschlichen Gehirn. Das passiert beim Zahlen mit Plastik oder einem smartem Gadget (Smartphone/Uhr) aber nicht.

Apropos smarte Gadgets: Es sind gerade die großen Tech-Unternehmen, die uns das Bezahlen in den letzten Jahren immer einfacher gemacht haben. Und was einfach ist, machen Menschen gerne bzw. öfter. Die Folge: Man gibt kontaktlos viel mehr aus, als man es mit Bargeld jemals tun würde.

Zugegeben: Einen Nachteil bringt das Tragen eines Hunderters mit natürlich sich. Man könnte ihn nämlich samt Geldbeutel verlieren oder er könnte einem gestohlen werden. Dies lässt sich natürlich nicht leugnen. Ebensowenig, wie folgende Tatsache: Wer schon einmal seinen Geldbeutel verloren hat, weiß, dass das verlorene Bargeld in diesem Szenario das geringste Übel ist.

Außerdem: Wer stets ein Smartphone für rund 1.000 Euro bei sich trägt, der sollte es doch auch aushalten einen 100er mit sich zu führen. Oder? Na eben.

 

Lifehack: Karte im Cashmantel

Bist du jetzt überzeugt? Womöglich. Falls nicht, dann gibt uns Dr. Gresham noch einen kleinen Lifehack mit auf den Weg, der nichts kostet aber im besten Fall viel bringt. Wer nämlich einen 100er um seine Kreditkarte wickelt, der erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass beim nächsten Bezahlvorgang eine wohlüberlegte Entscheidung getroffen wird.

Warum? Die bloße Konfrontation mit echtem Geld löst im menschlichen Hirn etwas aus. Und zwar etwas, dass einen den Kauf noch einmal überdenken lässt. Denn eines steht zweifelsfrei fest. Und das ist ja auch die Grundaussage des 100er-Tricks: Am besten spart man, indem man gar nicht erst kauft. Oder?

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