Günstig kaufen, teuer verkaufen. So einfach lautet der perfekte Plan für den Aktienhandel. Nur lässt sich die Theorie mangels Glaskugel nur schwer in die Praxis umsetzen. Doch es gibt es Hoffnung. So hat das US-Investmenthaus J.P.Morgan Wealth Management herausgefunden, dass Anleger mit einer einfachen Strategie überdurchschnittlich gute Renditen einfahren können. Möglichst teuer kaufen! Klingt unlogisch – ist aber so. Wir schauen uns an wieso.
Manchmal sollte man der eigenen Intuition misstrauen. Schließlich macht es weder auf den ersten, noch auf den zweiten Blick großen Sinn, Aktien möglichst teuer zu kaufen. Und dennoch: Es ist wahr. Und man kann es mit Zahlen belegen. Schauen wir uns diese genauer an.
Der S&P 500
Widmen wir uns zunächst den analysierten Daten. Die Spezialisten von J.P.Morgan Wealth Management haben sich die Zahlen zum S&P 500 seit Anfang 1988 angesehen. Also die letzten rund 32 Jahre.
In vier von fünf Jahren hätte man mit dieser Strategie Geld gemacht.
Die Ergebnisse sind in vielerlei Hinsicht ermutigend. Beginnen wir mit der Erfolgsquote: Hätte man für ein Jahr in den breit gestreuten US-Index zu irgendeinem Zeitpunkt seit Anfang 1988 investiert (und alle Dividenden re-investiert), dann lag die Wahrscheinlichkeit ein Plus zu erzielen bei satten 83 Prozent. Oder anders: In vier von fünf Jahren hätte man mit dieser Strategie Geld gemacht.
Wie viel Geld? Im Schnitt lag die Gesamtrendite bei 11,7 Prozent, wenn man sich sämtliche Ein-Jahres-Zeiträume ansieht.
Was ist ein Ein-Jahres-Zeitraum?
Dazu müssen wir kurz ausholen. Ein Börsenjahr teilt sich normalerweise auf rund 250 Handelstage auf. Bei der Berechnung eines Ein-Jahres-Zeitraums vergleicht man also den Indexstand an einen bestimmten Handelstag mit dem Indexstand an jenem Handelstag, der 250 Tage zurückliegt.
7.750 verschiedene Ein-Jahres-Zeiträume flossen in die Berechnungen von J.P.Morgan Wealth Management ein
In den 32 untersuchten Jahren gibt es entsprechend (250 Handelstage x 32 Jahre) 8.000 Handelstage. 250 Handelstage muss man abziehen, da man für das erste Jahr der Beobachtung (konkret: das Jahr 1988) noch keinen Ein-Jahres-Zeitraum nach hinten rechnen kann. Das heißt für uns: 7.750 verschiedene Ein-Jahres-Zeiträume flossen in die Berechnungen von J.P.Morgan Wealth Management ein. Und ergaben die oben erwähnte Gesamtrendite (also inkl. re-investierter Dividenden) von 11.7 Prozent.
Tage mit einem neuen All-Time-High
Widmen wir uns dem eigentlich Kernthema dieses Beitrags. Nämlich den All-Time Highs. Ein solches beschreibt per Definition den höchsten jemals zustande gekommenen Kurs. In unserem Fall den höchsten Kurs, den der S&P 500 jemals erreicht hat.
Solche All-Time-Highs kommen zwar regelmäßig vor, allerdings nicht 250 mal pro Jahr (siehe unten stehende Grafik).
Klar scheint nur: Zu kaufen, wenn die Kurse höher denn je sind, kann keine gute Idee sein. Doch falsch gedacht!
Wer an Tagen mit All-Time-Highs gekauft hat, konnte – wieder auf 1-Jahres-Sicht – seine Trefferquote auf 88 Prozent steigern. Die durchschnittliche Performance (wiederum mit re-investierten Dividenden) lag bei großartigen 14,6 Prozent.
Der Effekt verpufft nicht
Skeptiker könnten nun einwenden, dass es sich dabei möglicherweise nur um eine kurzfristige statistische “Anomalie” handeln könnte. Doch auch das ist nicht der Fall, wie die folgenden Zahlen belegen.
So konnte die Performance für 3-Jahres-Zeiträume von 39,1 Prozent auf 50,4 Prozent und für 5-Jahres-Zeiträume von 71,4 Prozent auf 78,9 Prozent gesteigert werden (siehe unten stehende Grafik).
Heißt: Sowohl für 1-Jahres-Zeiträume als auch für 3-Jahres-Zeiträume und 5-Jahres-Zeiträume war das Investieren an Tagen mit einem All-Time-High nicht nur eine gute sondern sogar eine überlegene Strategie im Vergleich zum Zufall.
Wobei selbst dieser sehr beachtliche Gesamt-Renditen gebracht hat. Was für alle regelmäßigen Sparplan-Investoren gute Nachrichten darstellt.
Was bedeutet das für mich?
Dazu muss ich kurz ausholen. Ich bin auf diesen Artikel gestoßen, als mein hochgeschätzter Blogger-Kollege Tim Schäfer in einem Beitrag darauf verwiesen hat. Da Tim das Thema nur kurz angerissen hat, wollte ich es mir im Detail ansehen. Mein erster Gedanke war nämlich auch: “Hä? Wie soll das gehen?”
Ich hoffe ich konnte mit einem Beitrag genau in dieser Frage ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Persönlich hätte mich noch interessiert, wie die Geschichte über noch längere Zeiträume ausgesehen hätte.
Mein persönlicher Anlagehorizont (und ich hoffe auch eurer) liegt ja bei mehreren Jahrzehnten.
Diese Zahlen sind aber nunmal leider nicht verfügbar. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass die Statistiker zu faul waren. Viel mehr wird es das Zahlenmaterial wohl schlicht nicht hergeben. Heißt: Es gab im relevanten Zeitraum zu wenige All-Time-Highs um eine statistisch relevante Aussage machen zu können.
Am Ende des Tages ist es aber auch egal. Denn wer günstig, langfristig und regelmäßig investiert, verfolgt auf jeden Fall eine mehr als nur solide Strategie. All-Time-High hin oder her.
Vielen Dank, dass Du die JPM Studie hier nochmals aufgegriffen hast! Sie enthält mE sehr wichtige Erkenntnisse.
Erstens, sollte uns die Studie die Angst nehmen, angesichts steigender Kurse dennoch weiter zu investieren
Zweitens, enthält sie aber auch ein problematisches Element, nämlich die Aussage, dass Investments am All Time High besser abschneiden, als Investments an irgendeinem Tag. Die Allermeisten Investoren werden nämlich bei den Investments an irgendeinem Tag bleiben müssen – da sie an irgendeinem Tag Einkommen erhalten / Geld gespart haben und nicht auf das nächste All Time High warten sollten.