Eltern tragen jede Menge Verantwortung für ihre Kinder. Das gilt nicht zuletzt für finanzielle Angelegenheiten. Doch Achtung! Wer glaubt, für seine Kinder “nur” vorsorgen zu müssen, der irrt sich. Denn das ist viel zu kurz gedacht.
Bevor jetzt der große Aufschrei kommt. Natürlich ist es gut, für die eigenen Kinder Geld anzulegen. Zumindest dann, wenn es vernünftig gemacht wird. Wie das geht? Aktien (bzw. ETFs) sind auf lange Sicht das Mittel der Wahl. Deshalb möglichst früh beginnen – am besten per regelmäßigem Sparplan. Wer dabei breit gestreut (über Länder und Branchen) agiert und auf die Kosten achtet, kann nicht mehr viel falsch machen.
Zu einem guten Finanz-Vorbild wird man dadurch aber noch lange nicht.
Widersprüche überall
Ein tiefer Blick in den Spiegel genügt. Und wenn man ganz ehrlich ist: Eigentlich ist man mit sich selbst ziemlich zufrieden. Das können weder Leistungsdruck noch Optimierungsgesellschaft ändern. Dennoch ist da etwas. Irgendetwas das einem sagt: Aus mir ist zwar ein anständiger Mensch geworden. Dennoch muss ich meine Kinder anders erziehen, als meine Eltern das damals mit mir gemacht haben. Eigentlich ein krasser Widerspruch. Oder?
Doch es kommt sogar noch schlimmer: Das Tüpfelchen auf dem I ist, wenn man sich im Laufe der Jahre immer mal wieder dabei ertappt, dass man gewisse Situation mit seinen Kindern genauso löst, wie die eigenen Eltern das damals getan haben. Meistens registriert man diese Tatsache nicht gerade mit Freude.
Zur Verteidigung muss jedoch festgehalten werden, dass man nicht wirklich etwas dafür kann. Denn man hat es ja selbst so gelernt. Ohne es zu merken.
Kinder lernen durch Imitation
Wir Eltern wissen heute: Kinder lernen (auch) durch Nachahmung. Der Klassiker unter den Paradebeispielen: Niemand erklärt seinen Kindern, wie das mit dem Sprechen eigentlich genau funktioniert. Von Grammatik- oder Vokabeltraining keine Spur. Die Kids lernen es trotzdem. Warum?
Weil sie es sich von ihren Eltern abschauen.
So weit so klar. Doch wie sieht das Ganze nun in Sachen Finanzen und dem Umgang mit Geld aus? Ich kann mein Kind ja schlecht auf den Schoß nehmen, wenn ich Rechnungen überweise (auch wenn sowas in Zeiten von Banking am Smartphone schon mal passieren kann). Und es stimmt. So etwas wäre sinnlos. Denn Geld ist für Kinder ein viel zu abstrakter Begriff.
Geld darf kein Tabuthema sein
Das Ziel muss also sein, Geldthemen in einen von einem abstrakten in einen konkreten Rahmen zu bringen. Ein schwieriges Unterfangen. Denn in den meisten Familien wird nicht (gerne) über die Finanzen gesprochen. Und so beschränken sich Geldthemen auf zwei Punkte:
- Die Arbeit: Mama und/oder Papa müssen arbeiten gehen, um Geld zu verdienen.
- Budget: Wünsche von Kindern werden aus finanziellen Gründen abgelehnt – zu teuer.
Für Kinder ergeben sich daraus gleich drei negative Schlussfolgerungen:
Erstens, dass sie ihre geliebten Eltern deshalb nur so selten sehen, weil sie gezwungen sind, arbeiten zu gehen.
Zweitens, dass ein Geldmangel vorherrscht.
Drittens, dass man Zweitens durch Erstens offensichtlich nicht lösen kann.
Diese Eindrücke können sich in die Köpfe der Kinder geradezu einbrennen. In weiterer Folge können daraus tief verwurzelte Glaubenssätze werden. Eine negative Grundeinstellung zu Arbeit und Geld ist oft die Folge.
Den Teufelskreis durchbrechen
Das Grundübel im oben beschriebenen Beispiel: Eltern agieren dabei besonders glaubwürdig. Das liegt daran, dass Worten Taten folgen (und vice versa). Also im konkreten Fall, dass die Eltern oft weg sind, oder das gewünschte Eis/Spielzeug/etc. nicht gekauft wird.
Das klingt alles andere als erfreulich. Doch keine Angst, es gibt auch eine gute Nachricht. So abgedroschen es klingen mag – jedes Problem birgt auch eine Chance. In diesem Fall die Chance, dass man seinen Kindern andere Glaubenssätze mitgibt. Bevor man damit beginnen kann, muss man sich aber natürlich fragen, was man seinem Nachwuchs (durch Worte UND Taten!) so auf den Weg mitgeben möchte.
Was ich von meinen Eltern gelernt habe
Vielleicht hilft ein konkretes Beispiel dabei, eigene Glaubenssätze zu finden. Ich habe von meinen Eltern beispielsweise folgende drei Dinge in Bezug auf Geld gelernt:
- Kaufen kann man nur, was man sich leisten kann. Mache und habe niemals Schulden!
- Spare für den Notfall.
- Gehe bei der Geldanlage keine Risiken ein.
Liest sich erstmal gar nicht schlecht. Und trotzdem: Heute würde ich keinem der drei Punkte vollinhaltlich recht geben.
Zu Punkt 1: Für Konsumgüter gilt dieser Grundsatz für mich auch heute noch zu 100 Prozent. Für Investitionen (Stichwort Immobilien) gilt dieser Grundsatz aber nicht zwingend.
Zu Punkt 2: Eine Art “Notgroschen” habe ich in meinem Leben immer gehabt. Ohne fühlte ich mich einfach nicht wohl. Früher in Form von Bargeld. Heute auch auf einem eigenen Tagesgeldkonto. Drei bis sechs Monatsausgaben sollten es schon sein. Alles was darüber hinausgeht, wird jedoch anders gespart. Und das bringt uns zum dritten Punkt.
Zu Punkt 3: Dieser Glaubenssatz hat mich in der Rückschau sehr viel Geld gekostet. Viel zu spät habe ich begonnen, mich intensiv mit dem Thema Aktien auseinanderzusetzen. Nämlich erstmals gegen Ende meiner Schulzeit im Alter von 17 oder 18 Jahren.
Was ich meinen Kinder vermittle
Das Thema Geld ist bei uns zu Hause kein Tabu. Natürlich geht es nicht ständig darum. Aber schon immer mal wieder. Mit meinem sechsjährigen Sohn spreche ich beispielsweise sehr oft über all die Unternehmen, an denen er beteiligt ist. Das beginnt beim Hersteller seines Lieblingsmüslis, geht weiter über seine Kleidung und endet bei seinen liebsten Superhelden.
Außerdem ist Taschengeld ein sehr präsentes Thema. In diesem Artikel habe ich mich detailliert darüber geäußert, wie ich das mit dem Taschengeld handhabe: https://michaelplos.com/kinder/der-richtige-umgang-mit-geld-kinder-und-kapitalismus/
Mit meinem speziellen Ansatz in Sachen Taschengeld verfolge ich drei Ziele. Ich will meinem Kindern beibringen, dass …
- … sie mit ihrem eigenen Geld autonom umgehen dürfen
- … sie sich ihr Geld einteilen müssen
- … sich Konsumverzicht lohnt.
Des Rätsels Lösung
Bevor ich diesen Artikel beende, möchte ich noch einmal kurz auf das Problem mit dem Arbeiten bzw. sich-nicht-leisten-können zurückkommen.
Sowohl meine Frau als auch ich sind berufstätig. Natürlich sind wir ehrlich zu unseren Kindern, “geben also zu”, dass wir arbeiten gehen, wenn wir das Haus verlassen. Allerdings nennen wir dabei nicht das Motiv, dass wir Geld verdienen “müssen”. Vielmehr betonen wir, dass wir unsere Jobs gerne machen, unsere Kollegen gerne treffen und unseren Kunden/Klienten durch unsere Arbeit (auf die eine oder andere Art) helfen können. Natürlich ist die finanzielle Komponente ein wichtiger Faktor. Aber sicherlich nicht der einzige. Und gewiss nicht genau derjenige, den man seinen Kindern nennen sollte. Zumindest, wenn sie jemals ein positives Gefühl dabei verspüren sollen, wenn sie später einmal ihrer eigenen Arbeit nachgehen.
Für das Problem mit dem “nicht-leisten-können” muss man die Perspektive wechseln. Für Eltern und Kinder gilt es, aus den Satz “Das kann ich mir nicht leisten” in folgende Frage umzuformulieren. “Wie kann ich mir das leisten?” Hört sich trivial an, kann aber Wunder bewirken. Die Lösung ist dabei immer höchst individuell.
Fazit
Wer seine Kinder finanziell zukunftsfit machen will, muss selbst trainieren. Je jünger der Nachwuchs, desto genauer schaut dieser hin, wie Mama und Papa die Sache angehen. Finanzbildung hört also nicht bei einem kostengünstigen, weltweiten ETF-Sparplan auf. Sondern fängt genau hier an. Schließlich sollen die Kids später einmal autonome und durchdachte Entscheidungen treffen.
Welche Werte willst du deinen Kinder also mit auf den Weg ins Leben geben? Und wie kannst du ihnen diese Werte glaubhaft vermitteln? Diese Fragen müssen beantwortet werden, um ein gutes Finanz-Vorbild zu sein. Ich helfe gerne dabei.