Bausparen für Kinder? Derzeit leider unattraktiv.

Bausparen für Kinder

Wer daran denkt, Geld für Kinder anzulegen, kommt am Thema Bausparen nicht vorbei. Dabei sollte man aktuell wohl leider einen großen Bogen um diese „Sparform“ machen. Warum? Weil die Nachteile die Vorteile derzeit leider deutlich überwiegen.

Als Vater zweier Kinder macht man sich natürlich Gedanken darüber, wie man Geld für seine Kinder anlegen kann. Das Sparbuch ist dank Nullzinsen leider so gut wie tot (siehe Link). Doch wie sieht es mit dem Bausparen aus? Eine Bestandsaufnahme.

 

Österreich hat vier Bausparkassen

Wer in Österreich bausparen will, hat die Wahl zwischen vier verschiedenen Anbietern.

  1. start:bausparkasse
  2. Raiffeisen Bausparkasse
  3. Bausparkasse Wüstenrot AG
  4. s Bausparkasse

Die Angebote der vier Bausparkassen ähneln sich in weiten Teilen. Deshalb hab ich mir das Angebot der start:bausparkasse exemplarisch für das Bausparen an sich einmal genauer angeschaut.

 

start:bausparkasse im Test

Grau ist alle Theorie. Also hab ich mir ganz einfach den Bausparrechner der start:bausparkasse (den findest du hier: Link) geschnappt und mir alles für das Produkt „klassisches Bausparen“ ausrechnen lassen.

 

Es waren nur zwei Einstellungen nötig:

  1. Zahlungsperiode
  2. Sparbetrag

 

Ich habe mich für 100 Euro monatlich entschieden. Warum? Weil ich die staatliche Prämie voll ausnutzen wollte. Die liegt zwischen 1,5 und 4 Prozent des eingezahlten Betrags. Allerdings begrenzt auf 1.200 Euro im Jahr. 100 Euro mal 12 Monate macht insgesamt 1.200 Euro. Wäre das also geklärt.

Als nächstes gilt es zu bedenken, dass das Geld beim Bausparen insgesamt sechs Jahre lang gebunden ist. Will man das Geld abziehen, drohen unangenehme Konsequenzen (dazu später mehr unter „Geld abziehen wird teuer“).

 

7.200 Euro investiert

Im Laufe von sechs Jahren zahlt man (72 Monate mal 100 Euro) beim Bausparen insgesamt 7.200 Euro ein. Laut dem Rechner der start:bausparkasse kommen am Ende der Laufzeit exakt 7.286,09 Euro heraus. Abzüglich des eingezahlten Kapitals macht das ein Ergebnis von 86,09 Euro. Vor Steuern.

Unter der Rechnung steht nämlich:

 

Alle Angaben sind unverbindlich, erfolgen zu den aktuellen Konditionen, besitzen keine Rechtsgültigkeit und verstehen sich vor Abzug der gesetzlichen KESt von 25%. Stand: Jänner 2019

 

Nachdem wir jetzt den absoluten worst case kennen, interessiert uns natürlich auch der Optimalfall. Dieser zeigt ein Endergebnis von 8.393,87 Euro. Also einen Zuwachs von 1.193,87 Euro. Ebenfalls vor Steuern.

 

Woher kommt der Unterschied?

Während sich 86,09 Euro Vor-Steuer-Ertrag beim Bausparen für Kinder wenig prickeln anhören, klingen 1.193,87 Euro schon viel besser. Doch woher kommen die Riesenunterschiede?

Die sind auf die zugrundegelegten Annahmen zurückzuführen: Im schlimmsten Fall geht man nämlich davon aus, dass der Staat nur 1,5 Prozent fördert. Im besten Fall sind es 4 Prozent.

Und auch bei den Zinsen gibt es Annahmen: Hier wird für das schlechteste Szenario von 0,1 Prozent Verzinsung pro Jahr ausgegangen. Beim besten Szenario (gültig ab 2020) von einer Verzinsung von 4,25 Prozent.

 

Wie sieht die Realität aus?

Als Österreicher ist man geneigt zu sagen: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Das gilt jedoch leider nicht für die Szenario-Analyse der start:bausparkasse. Nicht einmal ansatzweise.

Vielmehr entspricht die Realität exakt dem worst case. Heißt: Die Zinsen liegen bei 0,1 Prozent und die staatliche Bausparprämie liegt bei 1,5% von höchstens 1.200 Euro pro Jahr. Macht 18 Euro.

 

Vielmehr entspricht die Realität exakt dem worst case

 

Wer genau gerechnet hat, bemerkt schnell, dass hier etwas nicht stimmen kann. Denn in sechs Jahren müsste man doch insgesamt 108 Euro staatliche Prämie bekommen. Und zwar steuerfrei. Das stimmt auch. Allerdings werden von 108 Euro Prämie noch die Kosten für den Bausparvertrag abgezogen.

Im ersten Jahr gibt es zwar keine Spesen. In den fünf Folgejahren wird jedoch eine jährliche Gebühr abgezogen. Diese liegt für 2019 bei 7,3 Euro. Geht man davon aus, dass diese gleichbleibt, fallen in den fünf Jahren also 36,50 Euro (5 mal 7,3 Euro) an. Zieht man diese von den 108 Euro Prämie ab, bleiben nur noch 71,5 Euro übrig.

Der Rest zu den 86,09 Euro, die einen an Ertrag erwarten, kommen von den 0,1 Prozent Zinsen. Macht 14,59 Euro Zinsen in sechs Jahren. So unerfreulich das klingt, es kommt sogar noch dicker. Nämlich dann, wenn man sein Geld vorzeitig zurück haben will.

 

Geld abziehen wird teuer

Wie schon erwähnt, liegt die Bindung beim Bausparen bei sechs Jahren. Wenn man früher an sein Geld will, wird es unangenehm. Die Antwort darauf WIE unangenehm, findet man in den FAQ (siehe Link) der start:bausparkasse.

 

Die steuerliche Mindestbindungsfrist ist 6 Jahre.
Bei vorzeitiger Kündigung mit widmungsgemäßer Verwendung kommt es zu

  • einer rückwirkenden Neuberechnung der Zinsen ab Vertragsbeginn und
  • einer Anlastung eines Verwaltungskostenbeitrages von bis zu 0,6 % der Vertragssumme.

Sollten Sie bei vorzeitiger Kündigung das Bausparguthaben nicht widmungsgemäß verwenden, kommt es zusätzlich zum rückwirkenden Verlust der staatlichen Prämie!

 

Hier verbergen sich ein paar wichtige Details: vor allem die Formulierung „widmungsgemäß“ bzw. „nicht widmungsgemäß“. Deshalb hier noch schnell eine Klarstellung zum Thema der Widmung:

 

Als widmungsgemäßer Verwendungszweck gilt:

  • Errichtung, Beschaffung , Erhaltung und Verbesserung von überwiegend zu Wohnzwecken bestimmten Gebäuden und Wohnungen
  • Berufsausbildung und berufliche Weiterbildung (inklusive Umschulungen) des Bausparers
  • Pflege (Betreuung und Hilfe sowie medizinische Behandlung bei Pflegebedürftigkeit) des Bausparers

 

Was das in der Praxis heißt? Nunja, es bedeutet, dass wenn man sein investiertes Geld zurückhaben will, man in den meisten Fällen ganz schön draufzahlt. Schauen wir uns dazu noch einmal die Beispielrechnung an.

In dieser kommt man nach sechs Jahren ja auf einen „Mindest-Gewinn“ von 86,09 Euro. Zieht man die staatliche Prämie von 108 Euro (6 mal 18 Euro) ab, kommt man auf auf einen Verlust von 21,91 Euro.

Richtig gelesen: Wer sein Geld zwischenzeitlich zurück haben will, muss bei den aktuellen Gegebenheiten (Niedrigzinsumfeld, niedrigstmögliche staatliche Prämie) damit rechnen, dass er nicht nur um die staatliche Prämie umfällt, sondern sogar draufzahlt.

Kommt nun auch noch die oben genannte „Anlastung eines Verwaltungskostenbeitrages von bis zu 0,6 Prozent Vertragssumme“ dazu, wird die Rechnung noch hässlicher.

 

Bausparen für Kinder: Fazit

Als Vater zweier Kinder hat man viel Verantwortung. Zum Beispiel schlaue finanzielle Entscheidungen für seine Nachkommen zu treffen. Im Zuge dieser Aufgabe kann der Abschluss eines Bausparvertrags nicht in Frage kommen. Staatliche Prämie hin, staatliche Prämie her. Die derzeit extrem geringe Verzinsung, die jährlichen Spesenbeiträge und die extrem schlechten Bedingungen bei vorzeitiger Kündigung sind zu starke Argumente gegen einen Bausparer für Kinder.

Damit sich an diesem klaren Fazit etwas ändert, müssten mehrere Faktoren mitspielen.

So müsste etwa das allgemeine Zinsniveau wieder steigen. Dafür können die Bausparkassen nämlich nichts. Deshalb kann man ihnen für die angebotenen Mini-Zinsen auch gar keinen Vorwurf machen. Den Bausparkassen sind schlicht die Hände gebunden. 

Bleibt noch der Faktor Bausparprämie. Würde die Politik diese erhöhen, würde das natürlich massiv helfen. Jedoch scheint das ebenso unwahrscheinlich, wie rasch steigende Zinsen. Denn die Prämie orientiert sich am Zinsniveau und liegt entsprechend seit 2013 durchgehend beim Minimum von 1,5 Prozent.

 

Zur Falschen Zeit am falschen Ort

Bausparkassen kommen mir momentan vor, wie Produzenten von Regenschirmen. Grundsätzlich ist die Idee eines Regenschirms absolut okay. Vor allem wenn die Rahmenbedingungen passen. Sprich: Es regelmäßig regnet und der Schirm einen entsprechenden Nutzen erfüllt. Was für den Schirm der Regen, sind für Bausparkassen die Zinsen. Die gibt es quasi nicht mehr. Und damit hat sich der Bausparvertrag aktuell überholt. Genau wie ein Regenschirm an Orten, wo es immer trocken ist.

 

 

 

PS: Momentan wirbt die start:bausparkasse mit einem Jubiläumsbonus von 90 Euro (siehe Link). Vor Steuer wohlgemerkt. Beim Sparer landen dann nach Abzug der Kapitalertragssteuer 67,5 Euro zusätzlich. Aufgeteilt auf die sechs Jahre Vertragslaufzeit sind das 11,25 Euro pro Jahr. Das macht die Sache gewiss ein bisschen besser, aber immer noch nicht gut. Und ändert somit auch nichts am Fazit: Bausparen für Kinder – derzeit leider unattraktiv.

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