FOPaT: Wie die Angst vor Steuern mein Verhalten beeinflusst

FOPaT - Angst vor Steuern
Die Angst davor (unnötig) Steuern zu bezahlen, treibt mich an.

 

Spätestens seit „Schnelles Denken, langsames Denken“ haben wir Gewissheit. Egal, wie sehr wir uns auch bemühen. Menschen handeln viel seltener rational, als sie glauben. Das gilt auch für finanzielle Fragen. Und natürlich auch für mich. 

 

Schon Jesus hat gesagt: Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein (auf sie). Dieses berühmte Bibelzitat aus dem Johannesevangelium ist ein klarer Appell. Nämlich darauf, dass man stets in sich gehen sollte, bevor man mit dem Finger auf andere zeigt. 

Oder anders formuliert: Man sollte stets vor der eigenen Haustür kehren. Und das will ich heute tun.

 

Rational, aber… 

Ich habe das klare Ziel, im Umgang mit Geld stets rational zu handeln. Mir ist aber auch bewusst, dass das ein kaum erreichbares Ziel darstellt. Denn es gibt Einflussfaktoren, denen man sich nicht so einfach entziehen kann. 

 

Bei mir ist es die “Fear of Paying Taxes”, kurz FOPaT. 

 

Eigentlich müsste es FOPT heißen, aber das geht so schwer über die Lippen. FOPaT ist übrigens nicht mit der “klassischen” tax anxiety bzw. tax-iety zu verwechseln. Diese beschreibt nämlich die Angst davor, seine Steuererklärung (falsch) auszufüllen.

Jetzt denkst du vielleicht: Das verstehe ich nicht? Es ist doch völlig rational, keine vermeidbaren Steuern zahlen zu wollen. Und dennoch sage ich: Es ist irrational. Und ich will erläutern, wie das gemeint ist. Dazu muss ich kurz ausholen.

 

Mehr als ETFs

Wenn man sich bei der Geldanlage am Ansatz von Dr. Gerd Kommer orientiert, und das ist eine sehr gute Idee, dann umgeht man die gröbsten finanzielle Denkfehler so gut es geht. Auch das eigene Ego lässt man draußen. Um es zusammenzufassen: 

 

Ich investiere kostengünstig, breit gestreut und mit einem Buy-and-Hold-Ansatz in den Weltaktienmarkt

 

So weit so gut. Doch das war eben nicht immer so. Auch ich habe in jüngeren Jahren zunächst mit Investitionen in Einzelaktien angefangen. Zwar nicht in der Absicht, es besser zu wissen als alle anderen. Aber doch als Schnäppchenjäger. Und die halten sich ja auch für besonders schlau.

 

Wenn das Plus zu groß wird…

Im Laufe der vergangenen Jahre habe ich eine Aktie nach der anderen verkauft. Die einen mit Gewinn, die anderen mit Verlust. Ich habe dadurch versucht, meine Steuerlast (KESt) zu minimieren. Was bis heute (September 2024) übrig geblieben ist, sind zwei Aktien, die gut gelaufen sind. 

Einerseits die Mercedes-Benz AG. Hier beträgt das aktuelle Plus “nur” rund 80 Prozent. Und dann gibt es da noch die Verbund AG. Hier kassiere ich seit vielen Jahren Dividenden. Trotz der regelmäßigen Zahlungen (die ja vom Kurs abgeschlagen werden) bin ich mit der Aktie mehrere Hundert Prozent im Plus.

Das klingt natürlich gut. Ist es ja auch. Nur weiß ich, dass ein rationaler Anleger keine Einzelaktien in seinem Portfolio hätte. Und schon gar keine, die im Vergleich zum Gesamtportfolio so stark gewichtet ist. Und das wurmt mich.

Das zweite Problem ist, dass ich auch schon viele Jahre ETFs bespare. Auch diese liegen durch die Bank weit im Plus. Mit Gerd Kommers Zugang zu investieren, war das ja auch nicht vermeidbar. Heißt: Auch meine ETFs befinden sich in der Gewinnzone.

 

Niemand da zum Gegenrechnen

Der gute Verlauf an den weltweiten Aktienbörsen der letzten Jahre bringt mich in ein Dilemma. Ich habe keine Verlustpositionen, die ich mit meinen Aktiengewinnen “gegenrechnen” könnte.

Um den Hintergrund zu erklären. Wenn ich beim Verkauf eines ETF 1.000 Euro Verlust mache – und mit dem Verkauf einer Aktie im selben Abrechnungszeitraum 1.000 Euro Gewinn, dann spare ich mir die Kapitalertragsteuer. Das sind immerhin mehrere Hundert Euro. 

 

Siehe hierzu auch

Verluste aus der Veräußerung von Kapitalanlagen können nur mit gleichartig besteuerten Überschüssen aus Kapitalvermögen im selben Jahr verrechnet werden. Das bedeutet, dass Verluste aus der Veräußerung von Kapitalvermögen, das einem besonderen Steuersatz unterliegt, nicht mit Überschüssen ausgeglichen werden können, die dem normalen Einkommensteuertarif unterliegen. 

 

Auf den oben beschriebenen Moment der Gegenverrechenbarkeit warte ich. Und ich habe auch schon eine “Lösung” ins Auge gefasst.

 

Neuer Sparplan ante portas

Ich überlege mir einen ETF zu besparen, der ebenfalls all meinen Kriterien entspricht, den ich aber noch nicht in meinem Portfolio habe. 

 

Mit ein bisschen Glück läuft dieser schnell ins Minus

 

Dann kann ich diesen Verlust mit dem Verkauf meiner Aktienpositionen gegenrechnen. Und spare mir die Steuer.

So weit meine Gedankengänge. Ob ich das jemals so machen werde? Das ist eine gute Frage. Aber es ist mit Sicherheit ein Zeichen dafür, dass ich manchmal dazu neige, die Dinge über das normale Maß hinaus zu überdenken. Und auch das ist irrational.

 

Danke Automatisierung

Was in der obigen Auflistung zu meinem (bzw. Dr. Kommers) Investmentansatz fehlt, ist die Automatisierung. Ich lasse meine Sparpläne stur laufen. Komme was wolle. Und genau darauf kommt es an.

Ich könnte meine beiden Aktien heute einfach verkaufen. Dann würde ich Steuern zahlen. Aber das ist im big picture überhaupt nicht wichtig. Wichtig ist viel mehr, was ich mit dem Geld anstelle. Investiere ich es umgehend in einen vernünftigen ETF? Falls ja, ist alles gut. Und falls nein? 

Auch dann ist alles gut. Aber halt nicht optimal. Und davor habe ich auch ein bisschen Angst. FONAO (fear of not acting optimally oder so…)

Wo liegen eure Irrationalitäten beim Thema Geld?

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