Den Kindern nur das Beste

Das so genannte „Henne-Ei-Problem“ kennt jeder. In der Geldanlage kann es zu Hemmnissen führen. Denn was kommt zuerst – die Zinsen oder das Sparen? Und wer sich ein paar Sekunden Zeit nimmt, kann mal nach „keine Zinsen“ googeln (die Headlines brennen sich in unser Gehirn). Kurzum: Am Sparbuch gibt es (so gut wie) keine Zinsen mehr.

Nun gehört das Sparbuch/Tagesgeld aber zur absoluten Lieblings-Investmentform der Österreicher/Deutschen. Hier mal etwas Offizielles von österreichischen Nationalbank: „Die österreichischen Haushalte agierten in Finanzfragen ausgesprochen vorsichtig und hielten Ende Juni 2016 ein Fünftel ihres Vermögens in hochliquiden Anlagen wie Bargeld in der Höhe von 22 Mrd EUR oder täglich fälligen Einlagen in der Höhe von 112 Mrd EUR“, erklärte Dr. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, im Rahmen einer Pressekonferenz in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). „Finanzmittel sollen einerseits rasch verfügbar bleiben, andererseits bieten die geringen Einlagenzinssätze aller Laufzeiten auch gar keinen ausreichenden Anreiz, um sich finanziell zu binden“, so Turner. (Quelle: https://www.oenb.at/Presse/20161024.html)

 

„Ich schaue mal auf den Tagesgeldvergleich im Internet“

 

Wenn es um Finanzen geht, sollte man ja eigentlich auf weiche Fakten – ich nenne das dann gerne anekdotenhafte Erzählungen – so gut es geht verzichten. Ich tue es hier trotzdem. Mir nahe stehende Personen fragen mich immer wieder nach meiner Meinung bezüglich Anlagemöglichkeiten. Gleichzeitig wird aber auch schon die Lösung angeboten. „Ich schaue mal auf den Tagesgeldvergleich im Internet“. Und hier zeigt sich das Problem: Die meisten suchen nur innerhalb der Tagesgelder nach den interessantesten Alternativen.

Die Kinder als Dosenöffner

 

Als langjähriger Börsianer habe ich mein Tagesgeldkonto schon in den letzten Jahren für das verwendet, wofür es sich eignet. Nämlich um Geld dort kostenfrei zu parken. Zum Dank gibt es sogar noch ein paar Euro am Ende des Jahres vom Anbieter drauf.

Kinder ändern alles. Nicht nur Schlafgewohnheiten, Tagesabläufe, Prioritäten etc. Sie ändern auch das Anlageverhalten. Das liegt auch daran, dass auf junge Eltern von allen Seiten die Message „tu das Beste für dein Kind“ einprasselt. Irgendwann hat man das internalisiert. Wenn dann Geld reinkommt (man legt regelmäßig eine Kleinigkeit weg – oder es gibt Geldgeschenke), stellt man sich natürlich die Frage – was tun damit? Am Sparbuch gibt es (quasi) nichts. Und „nichts“ kann ja nicht das Beste für das eigene Kind sein. Stimmt.

Also, was tun?

Angesichts der Tatsache, dass ein Sparbuch einen wirklich großen Vorteil hat(te) – nämlich, dass man außer einzuzahlen wirklich gar nichts zu tun hatte, außer am Weltspartag ein Geschenk abzuholen – ist die Message klar: Der Aufwand muss überschaubar bis minimal gehalten werden. Ich gebe zu, ich will die Menschen mit meinen Beiträgen ja für die Welt der Finanzen begeistern – aber bei Jungeltern mache ich eine Ausnahme. Die dürfen in den ersten Lebensjahren der Kinder wirklich auf Sparflamme unterwegs sein, wenn es um die Geldanlage geht. Das ist vermutlich sogar ein Pluspunkt.

Was heißt das in der Praxis?

  1. Ein Konto bei einem Online-Broker einrichten
  2. Einen ETF-Sparplan einrichten
  3. Regelmäßig einzahlen

Ganz kurzer Exkurs: Warum kein Bausparer?

Die Erfahrung zeigt, sobald der Bausparer ausgelaufen ist, sucht man wieder nach einer Veranlagungsmöglichkeit. Dann fällt es den meisten wie Schuppen von den Augen. „Bausparen bring ja auch nix mehr“. Stimmt. Aber es kostet etwas. Nämlich Zeit. Sechs Jahre immerhin.

 

Zeit ist alles

 

Kinder haben etwas, was Erwachsene nicht mehr im selben Ausmaß haben. Nämlich Zeit. Und Zeit spielt in der Geldanlage die allesentscheidende Rolle. Das liegt am Zinseszins. Die Unterschiede sind dramatisch. Wenn wir großzügig rechnen, bekommt man am Tagesgeld 1 Prozent Zinsen pro Jahr. Die so genannte „72er Regel“ besagt, dass man die Anzahl der Jahre erhält, die es dauert, bis sich ein Betrag verdoppelt, wenn man 72 durch den Zinssatz teilt (Achtung: Die 72er-Regel ist eine wirklich gute Orientierungshilfe – an späterer Stelle wird aber natürlich genau gerechnet). Bei 1 Prozent wären es also (ziemlich genau) 72 Jahre. Bei 0,5 Prozent entsprechend 144 Jahre. Zieht man nun den MDAX her, der eine jährliche Rendite (seit 1987) von durchschnittlich 11,3 Prozent aufweist, dann erhält man 6,37 Jahre. Das heißt, dass sich das Geld alle 6,37 Jahre verdoppelt. 6,37 Jahre später hätte sich das schon einmal verdoppelte Geld erneut verdoppelt (sich also insgesamt vervierfacht) …

 

Beispiel (ohne Steuern)

 

Nehmen wir für unsere Rechenbeispiele einen Betrag von 10.000 Euro.

 

Bei 1 Prozent (Tagesgeld) Verzinsung erhalten wir nach 72 Jahren ein Ergebnis von 20.470,99 Euro.

Bei 8,8 Prozent (durchschnittliche DAX-Rendite) Verzinsung erhalten wir nach 72 Jahren 4.337.909,29 Euro.

Bei 11,3 Prozent (MDAX) Verzinsung erhalten wir nach 72 Jahren 22.266.493,59 Euro.

 

Ist Zeit aber wirklich alles? Nun ja, schauen wir mal, was passiert, wenn wir statt 72 Jahre nur 66 Jahre anlegen, weil wir das Geld zur Geburt des Kindes in einen Bausparer gesteckt haben. (10.000 Euro kann man nicht in einen einzigen Bausparer stecken – ist für unsere Rechnung aber nicht relevant)

 

Bei 1 Prozent: 19.284,60 Euro

Bei 8,8 Prozent: 2.615.213,17 Euro

Bei 11,3 Prozent: 11.713.342,60 Euro

 

Beim Tagesgeld ist der Rückgang zu verkraften. Da fehlen „nur“ knapp 1200 Euro. Beim DAX-Investment fehlen schon satte 1,7 Millionen Euro. Und beim MDAX sinkt der Betrag fast auf die Hälfte, nämlich um 10,5 Millionen Euro.

Die Antwort lautet also: Ja, Zeit ist alles.

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